Oben

Nach der unheimlich erholsamen Nacht, wachten wir frisch, munter und gut erholt so gegen 6h12 auf und ahnten schon Schlimmes. Ja, wir waren immer noch halb auf dem Berg (vielleicht so auf 2600m Höhe), steckten immer noch in den kalten Schlafsäcken und draußen regnete es in Strömen. Herzlichen Glückwunsch! Ich schlief noch einmal kurz ein, denn die Nager der Nacht hatten sich anscheinend auch ausreichend ausgetobt und ließen uns in Ruhe. Eine knappe Stunde später klopfte es an die Tür (die nur durch ein kleines Stöckchen zugehalten wurde) und man bedeutete uns, aufzustehen. Mittlerweile hatte es aufgehört zu regnen, ein kurzer Blick nach draußen verhieß dennoch nicht die allerbeste Aussichten: Es gab nämlich keine (Aussicht), denn wir waren komplett in Nebel eingehüllt. Das konnte ja heiter werden.

Zum Frühstück gab es leckere Nudelsuppe mit Rührei (in der Suppe) und dazu den obligatorischen Kaffee mit süßer Milch. Wir packten alles soweit zusammen, denn wir sollten von hier aus schnell auf den Gipfel, dort anschlagen und wieder hierher zurück um das Gepäck abzuholen. Danach sollte es dann wieder an den Ausgangspunkt der Tour zurück gehen. Eigentlich hatten wir gedacht, dass wir 2 Übernachtungen auf dem Berg machen wollen, aber nach der Erfahrung letzte Nacht, waren wir doch nicht mehr so optimistisch.

Also steckten wir unsere leicht gekühlten Füße in die noch kühleren dafür aber auch nassen Schuhe und machten uns auf, den Gipfel zu stürmen. Jetzt habe ich schon so oft davon gesprochen…nun sollte es endlich so weit sein. Die kleine Tour begann mit einem Stapfen durch einen lehmigen Bach und führte dann immer weiter über unwegsames Terrain. Um ganz ehrlich zu ein: die Strecke gestern war ein Klacks gegen die Schwierigkeitsstufe, die wir heute vor uns hatten. Unser Guide stiefelte schön mit Regenschirm (gegen die tief hängenden und vor Feuchtigkeit triefenden Wolken) voran und das Katz- und Mausspiel nahm seinen Lauf. Unser Guide wartete alle 10 Meter auf uns und es kam uns vor, dass es für ihn noch langweiliger als gestern schon gewesen sein muss, denn anscheinend hat uns die doch nicht zu leugnende Höhe ganz schön zu schaffen gemacht. Jeder Schritt bergauf schmerzte und holte auch den letzten Tropfen Sauerstoff aus den hintersten Ecken unserer Lungen hervor. Wir (also ich) keuchten und schimpften und wollten nach jeder Kletteraktion die Flinte ins Korn werfen (also Manja). Nach gefühlten 4000 Höhenmetern und 13 Stunden ununterbrochenen Laufens wateten wir noch einmal durch den größten Matsch des ganzen Weges, zogen uns an den letzten Wurzeln empor und durchkämmten die letzen Bambuswälder auf den letzten Metern nach ganz oben.

Angekommen! Alle Mühe viel von uns ab, als wir die simple Stahlpyramide mit der Aufschrift sahen: FANSIPAN – 3143m. Wir hatten es geschafft. Der Himmel öffnete sich, Engel kamen zu uns und brachten uns Cocktails, wedelten mit eisgekühlten Palmenblättern und trugen uns auf himmelweiche Kissen. Natürlich kam keiner mit einem kalten Getränk vorbei und so tranken wir unsere letzten Schlucke lauwarmen Wassers, schossen ein paar erschöpfte Bilder von uns und dem Gipfel und bildeten uns ein, die gesamte Welt von hier oben sehen zu können. Leider gaben die Wolken nur den Blick auf die zugegebenermaßen niedrigeren Gipfel frei und ließen uns nur die Schönheit der Natur um uns herum erahnen. Nach einer kurzen Verschnaufpause (ca. 15 Minuten) packten wir wieder unsere sieben Sachen und machten uns auf den Rückweg: wir hatten noch einen langen Weg vor uns.

Ein erhabenes und stolzes Gefühl in der Brust ließ uns den Abstieg leichter ertragen (vielleicht war es aber auch nur die Gehilfin Schwerkraft, die uns hinab zog) und so erreichten wir unseren morgendlichen Ausgangspunkt wesentlich schneller als erwartet, nahmen den Rest unseres Gepäcks auf und stapften mutig durch jede Pfütze dem Ende unserer Tour entgegen. Wir kletterten an den irrsinnigsten Stellen hinab, die uns beim hinaufsteigen gar nicht so aufgefallen waren. Dafür waren andere Stellen einfacher hinab- als hinaufgeklettert. So wanderten wir leichten Schrittes durch Regen und Sonnenschein und es konnte uns nichts mehr passieren: außer, dass der Weg vielleicht niemals aufhören könnte.

Dieses Gefühl befiel uns nämlich als wir, nach einer kurzen Rast an der Stelle unseres gestrigen Mittagessens, aufbrachen, um den letzten Teil des Weges zu gehen. Wir kamen an Stellen vorbei, an die wir uns beim besten Willen nicht mehr erinnern konnten und der Weg kam uns endlos vor. Als dann auch noch die Dämmerung einsetzte, unsere Kräfte schon längst an den Berg übergeben worden waren und auch die Motivation schon stark in Mitleidenschaft gezogen wurde, schien der Weg unaufhörlich weiter zu gehen. Durch Wälder, an Flüssen entlang, über Felsen…

Gegen 19Uhr sahen wir endlich das ersehnte Ziel und mit dem Untergang der Sonne setzten wir uns den Jeep, der uns ins Hotel bringen sollte. Die Beine zitterten vor Kraftlosigkeit, der Hals war trocken, die T-Shirts hingegen durchgeschwitzt und die Augen vor Müdigkeit halb geschlossen. So trafen wir im Hotel ein, entledigten uns der stinkenden, dreckigen, nassen Sachen, duschten kalt (klar, warum sollte man in einem Hotel auch warmes Wasser brauchen?) und fielen erschöpft aufs Bett. Der Hunger trieb uns noch einmal in ein kleines Restaurant, aber der Abend war für uns kein langer. Sobald wir gegessen hatten, gingen wir zurück ins Hotel, krochen unter die warme, trockene Bettdecke und schliefen glücklich, den Berg bezwungen zu haben, ein.

5 Gedanken zu „Oben

    1. Robert

      @vect: wir haben sie mittlerweile in der Waschmaschine gewaschen und sie sind tadellos sauber. Fast haetten wir sie schon in Nordvietnam gelassen…uns aber gluecklicherweise dagegen entschieden…

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  1. vati

    Ich glaube du übertreibst – auf deinen Bildern war der Berg gar nicht so hoch. Und so warm und nass war´s auch nicht 🙂
    Auf die Entfernung und m.H. deiner Kommentare macht Bergsteigen richtig Spass!

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